benjamin lebert crazy ist ein toller Roman. Und benjamin lebert autor kann sich sehen lassen.
"Gott ist crazy," sagt Janosch. "Gott ist ein Lustmolch. Der wusste, was er wollte."" "Gott weiß immer, was er will," erwidere ich. "Und was will er jetzt gerade?" fragt Janosch. "Er will, dass wir sicher nach München kommen," entgegne ich. "Er will, dass wir leben. Und tun wir das?" "Natürlich tun wir das," antwortet Janosch. "Wir leben. Immer werden wir leben. Wir werden so lange leben, bis es nichts mehr zu leben gibt." "Bist du da sicher?" frage ich. "Aber hallo!" entgegnet Janosch. "Du hast es doch selbst gesagt. Gott will, dass wir leben. Und das tun wir auch. Ob wir das dann richtig oder falsch getan haben, das soll er schließlich selbst entscheiden. Wenn wir mal vor ihm stehen." "Werden wir das denn?" "Irgendwann sicher," entgegnet Janosch. "Und ich glaube, dann hole ich mir ein Autogramm von ihm." aus "Crazy" von Benjamin Lebert
benjamin lebert crazy war bahnbrechend. Und benjamin lebert autor hat gelacht.
"Ich glaube," sagt er, "wir bräuchten alle Schutz vor den geflügelten Schweinen, die an unserem Fenster vorbeischweben." "Was denn für Schweine?" "Schweine, die einem Angst machen, wie sie so vorbeifliegen. Die riesig sind. Schwarz. Als wäre ihre Haut komplett verbrannt. Und ihre Flügel sind aus weißen Federn. Und sie sehen einen mit ganz bösen leuchtenden Augen an." "Was machen die Schweine denn?" "Ich weiß es nicht. Vielleicht kündigen sie etwas an. Vielleicht sind sie irgendwelche Boten, die einem mitteilen, dass die Seele verletzt ist. Oder, dass man droht, verrückt zu werden." Man könnte meinen, dass die Zeit keine Rücksicht auf einen nimmt. Dass sie sich keineswegs für persönliche Schicksale interessiert. Aber das ist nicht ganz richtig. Die Zeit denkt nämlich an dich, sehr sehr lange, bevor du in der Lage bist über sie nachzudenken. Und sie bereitet Dinge für dich vor. Vielleicht haben diese Schweine ihren Platz, dort oben in den Lüften. aus "Der Vogel ist ein Rabe" von Benjamin Lebert
© Sigi Hengstenberg
Mein Name ist Robert Estelmann. Ich bin 19 Jahre alt. Und ich bin ein Mörder. Ich gucke am liebsten MTV. Außerdem habe ich Freude an Messern gefunden. Bei mir besitzen Messer sogar Namen. Sie heißen zum Beispiel "Shaw", "Golding" oder "Böll". Mit "Böll" töte ich am liebsten. Ich trage Zeitungen aus. Ich bin in Therapie. Ich muss den Tod meiner Mutter kompensieren. Ich muss vieles kompensieren. Ich wohne allein. Niemand sucht mich auf. Keiner interessiert sich für mich. Neben meinem Fernsehapparat auf dem Boden habe ich vier Müllsäcke stehen. In jedem von ihnen schwimmt rotes Blut und Fleisch. Das waren einmal vier Menschen. Drei Frauen und ein Mann. Die Frauen kamen aus Skandinavien. Der Mann war mein Freund. Ich habe sie getötet. Und heute Nacht habe ich noch Arbeit. Müllsäcke wegbringen. aus "Der Zeitungsausträger" von Benjamin Lebert.
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„Fass mich nicht an!“ zischte sie. „Ich warne dich! Fass mich nicht an!“ Nach einem nicht enden wollenden Moment des Schweigens sagte sie mit völlig ruhiger Stimme: „Soll ich dir erklären, warum du keine Ahnung von mir hast? Weil du dich keinen Deut für mich interessierst. Weil dir das, was mit mir passiert, im Grunde genommen, scheißegal ist. Ich bin keine Person für dich. Ich bin ein saftiges Stück Fleisch mit einem Arsch und zwei Titten! Und wenn ich mich zerstückle, wenn ich mir die halbe Brust wegschneide, wie du sagst, dann ist dein erster Gedanke: „Schade um das leckere Fleisch!“ aus "Kannst du" von Benjamin Lebert.
benjamin lebert autor ist sogar in Tokyo gewesen. benjamin lebert crazy wurde übersetzt.
Ein toter Mensch ist wie ein Saal, in dem ein Fest zu Ende gegangen ist. Ein rauschendes Fest. Die Menschen sind alle fort, um irgendwo anders weiter zu feiern. Und schau, so ein leerer Saal hat doch was ganz friedliches. Die Luftschlangen, die Gläser, die Musikinstrumente und die Stille. aus "Flug der Pelikane" von Benjamin Lebert.
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Er spürte den Wind, der an der Plane zerrte. Und wie die winterliche Sonne aus weiter Ferne ihre Strahlen aussandte zu ihm hin. Ein kleines bisschen Wärme sickerte in sein Herz. Dann dachte er an den Sommer, der schlief, wie die Menschen in ihren Betten schliefen. Über den Feldern schlief er, im kalten wandernden Wind, hoch in den Bäumen, die wie mit frierenden Armen dastanden. Man gibt ihn auf, dachte Robert. Man vergisst ihn. Ganz und gar. Jedes Mal aufs Neue. Man vergisst, dass er da ist. aus "Im Winter dein Herz" von Benjamin Lebert.
„Zieh dich hoch!" hörte er sie sagen. Mit letzter Kraft bäumte er sich auf, stieg ein wenig nach oben und sank danach ein Stück tiefer hinab in die weiche graue Dunkelheit. Er wurde sehr müde. Plötzlich ließ sie seine Hand los. "Wo bist du?" fragte er. Er konnte sie in der Dunkelheit nicht sehen. "Ich bin hier," sagte sie."Ich bin hier bei dir." "Wo bist du?" Er fragte es wieder und wieder, und er hörte ihre Antwort: "Ich bin hier bei dir." Doch von Mal zu Mal schien sie aus größerer Entfernung zu ihm zu kommen. Und dann war da keine ausgestreckte Hand mehr und auch keine Stimme. Da war nur das Meer, das gemäß einer Pflicht, die so alt schien wie das Leben selbst, zurückgekehrt war. aus "Mitternachtsweg" von Benjamin Lebert.
Die Sonne ist eine Verräterin. Sie ist nicht schüchtern wie Misha, die ihre Augen senkt. Sie will nicht schlichten wie Housemother. Sie ziert sich nicht. Sie streckt ihren schimmernden Finger aus und sagt hier, hier und hier. Hier, sagt sie, der zerfetzte Körper eines Fisches im Staub, Gewölk aus Insekten drumherum. Hier der Straßenhund: steif, zottelig, hungergesichtig. Die feuchte Nase als Wegweiser. Er ist noch am Leben, obwohl er es besser wissen müsste. Wir kennen uns, wir beide. Wir gehören Kathmandu, seinen Pfaden, seinem Granatapfelrot. aus "Die Dunkelheit zwischen den Sternen" von Benjamin Lebert.
Der Weg dehnte sich aus. Daniel war erschöpft. Einmal rastete er an einem Wegkreuz und fragte in die Stille, ob Gott bei ihm war. In uralter Gewohnheit antwortete dieser nicht. Daniel folgte einem schmalen Pfad, bis er zwischen dichtem Astwerk das Gemäuer erkannte. Als er sich der Kapelle näherte, spürte er eine Eiseskälte. Und noch etwas spürte er. Dass er nicht mehr allein war. aus "Im Zeichen der Acht" von Benjamin Lebert.
Ich hatte gerade erst laufen gelernt - mit dreieinhalb Jahren. Spät. Und ich konnte es noch nicht gut. Mein Gleichgewichtssinn ließ zu wünschen übrig. Die rechte Seite meines Körpers war ungeduldig mit der linken. Und die linke Seite wusste nicht, wie sie der anderen gerecht werden sollte. Also rutschte ich auf dem Hosenboden vorwärts und gab mir mit der rechten - der gesunden Hand - kräftigen Anschub. Drinnen wie draußen. Ich war überraschend schnell. Meine Mutter erzählte mir später, dass sie oft vom Küchenfenster aus sah, wie Kinder die Dorfstraße rauf- und runtersausten. Dicht gefolgt von unserem Hund Charlie und einem kleinen Jungen, der auf dem Hosenboden durch den Staub jagte. Ich wetzte alle Hosen durch, weshalb ich eine Lederhose bekam, die ich fortan immer tragen musste, weil sie reißfest war und wir kein Geld hatten, um ständig neue Klamotten zu kaufen. Aus "Mit Dir - Vater und Sohn auf den Straßen des Lebens" von Benjamin Lebert.
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Ich mag das Wort Wind. Weil es so weich klingt und auch sehr schön, wenn man es flüstert. Worte, die sich geflüstert schlecht anhören, taugen nichts. Katakombe zum Beispiel. Das hatte ich auch mal in meiner Wörtersammlung. Hab es dann aber wieder rausgeschmissen. Der Buchstabe W, der ja in Wind und natürlich auch in Wunder steckt, gefällt mir besonders gut. Weil er dich genauso von oben nach unten führt wie von unten nach oben. Rauf, runter, rauf. Ist ja vielleicht mit allem so. Den ganzen Sachen, die man so erlebt. Auch mit der Liebe? Keinen Schimmer. aus "Julian und Anisa und das Wunder vom Wacholderpark" von Benjamin Lebert.